Gerasdorf – Bahnstraße –
Marchfeldkanal – Stammersdorf – Bisamberg – Wagramer Straße – Jedlersee –
Nußdorf. 27 km
2. März 2013.
Der „Joschi“ ist in Pension
Die Schrankenanlage am Bahnhof
ist offensichtlich ausgefallen, und zwei mürrische Herren der ÖBB müssen seine
Rolle übernehmen. Gleich daneben befindet sich Lagerhaus und ein gar nicht
einmal schmächtiger Lagerhausturm, ein untrügliches Zeichen, sich auf
niederösterreichischem Boden zu befinden. Es ist der zweite Tag der Sedisvakanz
und der Vortag der niederösterreichischen Landtagswahl und verschiedene
wahlwerbende Gruppierungen haben entsprechende Plakate affichiert: „Saubere
Madeleine“ oder „Wählen Sie Mandl, Mag., Lukas!“. „Mut zur Heimat.“, „Klar
entscheiden“ u.ä. Ich gehe entlang der
Bahnstraße, die niedrigen Häuser und die Erdkeller erinnern eher an einen
Weinbauernort. Aber wohl gehört Gerasdorf eh zum Weinviertel. Später folge ich
dem Gemeindeweg, biege nach Norden ab, Richtung Machfeldkanal. Vor mir hüpft
ein falscher Wiederhopf und begleitet mich ein Stück des Weges. Mein nächstes
Ziel ist Stammersdorf, und in der Ferne sehe ich Donauturm und Milleniumstower.
Pralles Leben auf den zweiten Blick
Auch muß ich zugeben, dass
ich schon hier zu schwächeln beginne, der Muskelkater vom Vortag (und das
Ölmützer Schnitzel…) sowie das mangelnde Training der Vormonate fordern Tribut.
Die Wessely am Bisamberg
Langsam nähert man sich dem Bisamberg, und ich
genieße Sonne und freue mich auf den Fernblick. Erstmals bergauf, weit kann er
nicht sein, der Bisamberg. Entlang der Brünner Straße geht es zum Rendezvous Berg,
bei dem ich (nur mit Mühe) die Brünner Straße quere. Hier hatte Erzherzog Karl
1809 den französischen Kaiser getroffen, und gleich mehrere österreichische
Kaiser hatten hier eine Jagdhütte, unter anderem auch Franz Stefan, der Gatte
Maria Theresias. Seine Jagdgesellschaften hätten den Berg hier als Treffpunkt,
quasi als Rendezvous, gewählt. Ich entsinne mich aber dunkel an einen alten
österreichischen Film aus den Fünfzigern, Paula Wessely gab die Maria Theresia,
der Fred Liewehr den Franz Stefan, und an das verbitterte Gesicht der Wessely,
weil sie den Kaiser (Liewehr) bei seiner Geliebten wähnte. Wer weiß ob hier
wirklich bloß der Treffpunkt der hochherrschaftlichen Jagdgesellschaft war oder
ob der Maria Theresia bei der Erwähnung des „Rendezvous-Berges“ immer das
sprichwörtliche G’impfte aufgegangen ist.
Ein Gulasch vom Gehrer?
Langsam wird es Mittag, und
ich strebe dem Magdalenenhof zu, der ja am Bisamberg thront. Ich gehe zuerst
über eine G’stetten, die in der Wissenschaft, so entnehme ich es einer
Schautafel, als „Ruralfläche“ firmiert. Wie den Horizont beschreiben?
Wunderbare Ausblicke vom Rinterzelt
bis zum Kahlenberg. Meere von Windrädern. In der Ferne die Schlote der
Kraftwerke, die Platte, der Donauturm. Ein verschwindender Stephansdom,
Milleniumstower, müllverbrennender Hundertwasser. Zwischenzeitlich blinkt die
goldene Kuppel des Wasserturms in Favoriten. Beim 63er Wald geht es über ein
Schneefeld (die Alpinisten würden Tränen lachen, mir ist es anstrengend genug)
weiter, zur Hagenbrunner Straße.
der Stephansturm auch ganz von fern,
guckt übern Berg und säh´ mich gern ...“
ist die
Inschrift des_Eichendorff
Denkmals, der hier offensichtlich öfters lustwandelte. Warum ein Oberschlesier
den Bisamberg besingt, hat sich mir noch nicht erschlossen.
Und
firmiert der Magdalenenhof? Nein,
das Gasthaus ist „bis auf weiteres“ geschlossen, man freue sich auf ein
baldiges Wiedersehen. Ich ziehe nicht als einziger enttäuscht weiter. Als Abstieg
wähle ich mehr zufällig als beabsichtigt den Klausgraben, der den Bisamberg
tief einschneidet. An der linken und rechten Flanke „kleben“ Häuser und ich
bewundere abenteuerliche Auffahrten zu schmucken Eigenheimen; ein/e besonders
findige/r Häuslbesitzer/in hat sich sogar eine kleine Materialseilbahn
gezimmert. Unten angekommen kommt mir die gegend bekannt vor, und tatsächlich,
wenige hunderte Meter vom Klausgraben ist der Hauerbetrieb Schilling. Hier hat
meine älteste Freundin (alt nicht im biologischen Sinn) ihr rauschendes
Hochzeitsfest begangen, aber leider, zu Mittag hat der Schilling geschlossen.
Also ums Eck zum Vintschger’l, die Braut
wurde seinerzeit hierher nicht entführt, aber das hätte man durchaus andenken
können.
Avenue Wagram, Schnellbahnunterführungen und Jedlersee
Bei der Strebersdorfer
Schnellbahnstation geht’s dann weiter, Autokaderstrasse (ein wundervoller
Name), und über die Jedlerseer Brücke zur Donauinsel. Ich bin mürbe und will heim. Über den
Nordsteig zum Endpunkt, die Schnellbahnstation Nußdorf.
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