Sonntag, 28. Oktober 2012

Die zehnte Etappe - von Haag nach Enns

Stadt Haag (346m) - Seggau - Zain - St. Valentin - Langenhart - Wimm - Ennsdorf - Enns (283m)

26. Oktober 2012. 21 km, 63 m Aufstieg, 108 m Abstieg

Der Weg ist selbstdesignt und versucht, Bundesstraßen zu umgehen. Er führt über die Moststraße und teilweise über den Mostviertelrundwanderweg. Ausschließlich ziehe ich über Asphalt und über Feldwege. Ich beginne, von den äußeren Umständen immer eingeschränkter zu werden. Es wird früher finster und später hell. Es kommen jene Flüsse - Enns, Traun, Ennskanal - die ich beim besten Willen nicht furten könnte. (Gut, ich hätte nicht einmal die kleine Erlauf gefurtet). Es werden Geländeeinschränkungen - A1, Westbahn - wichtiger; gut, nicht dass ich bis dato frei durch die Wildbahn spaziert wäre, aber das sind alles zu berücksichtigende Faktoren.

Fit mach mit

Ich übernachte - wegen der einfacheren und kürzeren Anreise - am Abend zuvor in Oberösterreich und fahre morgens gen Haag. Durch den Feiertag ist allerdings der Morgenzug gestrichen und ich erreiche Haag erst nach neun Uhr.
Tag der Fahne
Feiertag, Nationalfeiertag. Der Begriff "Fit mach mit" ist meiner Erinnerung nach mit Ilse Buck konnotiert, andererseits mit Wandertagen, die zum Teil immer noch stattfinden - und nicht unbedingt am Nationalfeiertag - aber keine Massenveranstaltungen mehr sind. Also gehe ich mit gutem Beispiel voran und mache mich auf meine zehnte Etappe. Hans Werner Scheidl, der sich in seinem journalistischem Ausgedinge in "Der Presse" der Zeitgeschichte zugewandt hat, beschreibt die Fitmärsche als Hysterie (450.000 Teilnehmerinnen Mitte der Siebziger), was nur mehr von der Begeisterung für die Heeresschauen der letzten Jahre übertroffen werde, angeblich mehr als 700.000 BesucherInnen steigen sich dort auf die Zehen (und in der Tat sitzt mit mir im Zug in der früh ein Pensionist, der in Richtung Wiener Heldenplatz aufgebrochen ist). By the way, warum ist das eine bei Scheidl (von der Republik im übrigen mit der selben hohen Auszeichnung - Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst - bedacht wie Johann Grander) eine Hysterie und das andere bloße Begeisterung?
Insgesamt zähle ich an diesem Tag 21 beflaggte Häuser, ein städtischer Trend, denn an keinem Bauernhof auf meinem Weg findet sich der rot-weiß-rote Fahnenschmuck. Es wäre vermessen, hier ein Muster ableiten zu wollen. An einer der Autobahnunterführungen, die ich quere,  hat ein Graffiti - Künstler wiefolgt verewigt: "Ich werde schreien bis die Fahnen brennen!" Ob dies eine Unmutsäußerung der Landjugend ist, sei dahingestellt.

Seltsame Männer in Sankt Valentin

Um mein Mittagsmahl einnehmen zu können mache ich einen Umweg durch St. Valentin - Ort. Die St. Valentiner verstören mich. Nicht, dass die Häuser nicht gepflegt und die Gärten von herbstlichen Laub befreit wären. Nicht dass sich die Häuser in St. Valentin sehr von Häusern, sagen wir in Laaben, sehr unterscheiden würden, im Gegenteil, sie wären austauschbar. Ich reite also in St. Valentin ein und sehe bei einem der ersten Häuser, wie ein älterer Herr in seinen Sechzigern, gewandet in einem typischen Freizeitanzug (nämlich einem Trainingsanzug) auf den englischen Rasen seines Vorgartens uriniert. Leicht beschämt blicke ich zu Boden, nicht ohne mich verstohlen zu vergewissern, dass das alles wahr ist. Keine 300 Meter später erfreut der japanisch anheimelnde Garten eines Vierkanthofes mein Auge. Und wieder. Der hauseigene Großvater (Umschreibung der Person)  nestelt an seiner Hose um gewisse Dinge rasch zu erledigen. Und beide eher mittig, nicht am Rande des jeweiligen Gartens. Vielleicht sucht St. Valentin zur Zeit eine massive Blasenschwäche heim.

In der Taverne

 Ich brauche nicht lange zu suchen, um ein mich ansprechendes Gasthaus zu finden, die 'Taverne' St. Valentins. Ich widerstehe der angebotenen Maurerforelle auf der Karte und entscheide mich für eine Hasensuppe, kurz und griffig am besten mit einem Hasengulasch (eher auf der Preiselbeerseite) zu umschreiben. Obgleich mich ein Schrotkorn und seine Auswirkungen seitdem quälen bereue ich den Besuch nicht. Auf meine Frage, ob es auch eine Nachspeise gebe war die Amtwort "In St. Valentin woins ka Nochspeis!". Aso.

Der letzte lebende Fan von Bimbo Binder

Der Grund für meine Freude über die Auswahl des Gasthauses ist schlicht der dort ansässige Stammtisch. An diesem springt man innert wenigen Minuten, ich möchte fast sagen Sekunden, von 'Rapid', zum 'ORF', zum 'Spritzen der Wintergerste', zu unaussprechlichen 'Themen', zu 'Viagra', zur 'Luftschutz-Res'', zur 'Reeperbahn', zum 'Aufwärmen von Eierspeisen', zur 'Sauna'. Die Werbeaktion für die "Nackten Männer" im Leopold Museum durfte nicht fehlen.
Versuchen wir die Themen in ihren Höhepunkten zusammenzufassen.

  • Heute fahre man jedenfalls nicht man gerne zu Rapid-Matches. Als der Bimbo Binder noch gespielt hätte, das wäre was ganz anderes gewesen. [Binder hat 1949 sein letztes aktives Speil für Rapid bestritten, Anmerkung des Autors].
  • Rudolf Edlinger sponsere Rapid. Mit diesem Sponsoring sei das Unglück über Rapid hereingebrochen.
  • Die seinerzeitige Reise nach Hamburg mit dem St. Valentiner Musikverein sei etwas ganz besonderes gewesen. Höhepunkt: Die "Luftschutz-Res'" hätte man auf der Reeperbahn mit den Inhhalt eines "Scherbns" überschüttet.
  • Wintergerste sollte man jetzt spritzen und somit vom Unkraut befreien, bei Wintergetreide genüge das Frühjahr.
  • Ein Vertreter der Runde geht gerne in die Sauna. Zu diesem Behufe nehme man einen Topf warmer Kartoffeln ("im Kelomat bleibns woarm"), und den Speck vom Wagner ("Speck wia ein Butter") mit. Das würde den Saunabesuch abrunden.
Sprachlich bin ich jedenfalls angekommen ("der Wennler Liesi ihren Bruada die Schwägerin"); der Stammtisch könnte genauso in Eferding residieren.

Die Landschaft verändert sich

Ja, ich gebe es zu. Ich halte immer noch nach dem perfekten Vierkanter Aussicht. Ich finde ihn nicht, obwohl das vor mir liegende Sankt Florian angeblich die Hauptstadt der riesigen Vierkanter sein sollte. Was mir auffällt: Man verputzt am Bauernhof nicht gerne, und so ist die Fassade der Vierkanter, an denen ich vorbeikomme, oft aus Ziegeln. Ich grüble darüber nach und komme darauf, dass auch mein Nachbar in Eferding eine oder zwei Seiten seines Vierkanters in Backsteinen belassen hat. Also: Keine Besonderheit, es gibt's auch im Zentralraum. Aber: Im Zentralraum gibt's die Ziegelfassaden nicht so häufig.
Erste Spuren der Industrie
Ich begegne auch keinen Kühen mehr und rufe die Statistik Austria (heute, im Internet) zur Rate. Meine Hypothese: Die Kuhhaltung nimmt, wenn man hier nach Westen zieht, ab. Die Schweinehaltung nimmt zu. Obwohl die Statistik Austria die Daten wunderbar graphisch aufbereitet hat, finde ich keine Hinweise, um meine These zu falsifizieren oder zu verifizieren. Aber anekdotisch habe ich recht - seit ich mit Freunden einmal gleich links vom Trasimenischen See neben einem Schweinestall Urlaub machen wollte, habe ich eine Nase. Mein Freund D. sei mein Zeuge.
Abseits der Landwirtschaft muss mir bewusst werden: Jetzt beginnt der Weg, der mich an industriellen Nutzbauten und ihren Produkten vorbeiführt. So komme ich am Firmengelände der Atlas Power Crusher vorbei, die Brechanlagen erzeugen. Das erfreut das infantile Element  in mir.
Auch sehe ich meine ersten Lagerhaustürme.

Liebreizendes Wimm!

Liebreizendes Wimm! Ich durchschreite Wimm und erfasse es, von Wimm 1 bis Wimm 9. Den Nahverkehr übernimmt die Firma Deuschl, und jeden Sonntag gibt es Flohmarkt. Ich erkenne in der Ferne den Hartlauer Turm, den jeder, der entlang der Westautobahn reist, muss ihn kennen, und zum ersten mal erblicke ich ihn von hinten.

Die älteste Stadt Österreichs

Wo werde ich die Grenze zu Oberösterreich überschreiten? Woran werde ich sie (die Grenze) erkennen? An einem OKA - Umspannwerk? An der Zunahme der Linz-Land-Kennzeichen? Oder hat Erwin Pröll blau - gelbe Streifen an der Grenze angebracht? Mit ein bisschen Überlegen hätte ich voraussehender sein können. Zum Beispiel durch einen Blick auf die Landkarte. Oder mit dem Kramen in meiner Erinnerung, dass die Grenze zwischen NÖ und OÖ der Ennsfluß ist. Jedenfalls, vor der Brücke, sind zwei unübersehbare, ja, Denkmäler. Zuerst das blau/gelbe für Niederösterreich, dann jenes aus Granit für Oberösterreich. Am zehnten Tag überschreite ich also die Grenze zu OÖ.
Enns ist die älteste Stadt Österreichs und wirbt schamlos damit. Man sollte hier auch an die zweit- (Wien) und drittplatzierten (Eferding!!) denken. Beim Überschreiten der Ennsbrücke finde ich einen Gedenkstein. Er erinnert daran, dass hier bis August 1955 die russischen Besatzungsmächte stationiert waren, die Brücke teilte die Besatzungszonen. Der Stein fördert wiederum meine Erinnerung, warum am 26. 10. Nationalfeiertag ist....
Woran Enns noch arbeiten sollte ist die Ausschilderung des Bahnhofes. Die Bijouterie Gablonzer oder die Jausenstation Waldhäusl wird mit einem Schild bedacht, der Bahnhof Enns aber nur einmal und das auch eher verschämt. Grund genug, mit dem Bus nach Hause zu reisen. Dabei reise ich an der Zuckerfabrik Enns vorbei und erkenne, dass meine Oma mich nicht angelogen hat: Die Zuckerrüben, die reisen nach Enns.

Montag, 22. Oktober 2012

Die Klammer - Teil III: Spritzengemeinschaften und ihre Häuser

Nach einigen Recherchen habe ich einen groben Überblick (oder eigentlich: den gröbsten aller Überblicke) über das österreichische Feuerwehrwesen gewonnen.  Der Begriff "Feuerwehr" existiert erst seit Mitte des vorletzen Jahrhunderts. Zur Zeit gibt's in 4.528 österreichischen freiwilligen Feuerwehren  > als 300.000 Mitglieder. (In Niederösterreich gibt's doppelt soviel freiwillige Feuerwehren wie in Oberösterreich.) Interessanterweise heisst das dass es im Durchschnitt zwei Feuerwehren pro Gemeinde gibt. Die Mitgliederentwicklung ist ansteigend.
Was mich fasziniert: Die opulenten Ausgestaltungen der Feuerwehrhäuser. In Orten mit gefühlten 200 EinwohnerInnen gab es Platz für 6 Einsatzfahrzeuge (ich überzeichne). Und: Auf den ersten Blick ist ein Feuerwehrhaus von einer Kapelle schwer unterscheidbar.

An einem Feuerwehrfest bin ich leider nie vorbei gekommen. So ein Brathendl wär dann doch höchst willkommen gewesen.


Samstag, 20. Oktober 2012

Die Klammer - Teil II: Die Farbe meines Eigenheims

Arik Brauer bewies ein feines Gespür für die österreichische Seele, als er einen Großteil seines gesanglichen OEuvres auf den Bau von Einfamilienhäusern abstellte ("Glaub nicht an das Winkelmaß", "Sie hanb'n a Haus baut" u.ä.). Denn Paula Preradovic irrte, als sie in der österreichischen Bundeshymne das Eigenheim unerwähnt ließ. Vielgeprüfte Hämmer, umfehdete Äcker, arbeitsfrohe Dome. Aber keine Einfamilienhäuser. Preradovic hat einen Fehler gemacht.
Wenn ich an all die Neubauten, Umbauten und Renovierungen denke, die ich auf meinen neun Etappen bisher gesehen habe, scheint mir das eine unverzeihliche Fehleinschätzung zu sein.

Wiederholung als Stilelement der österreichischen Architektur

Der (norddeutsche) Architekt Holger Reiners sagt in einem Interview im SPIEGEL: "Die Architektur versinkt zurzeit in einer Belanglosigkeit der permanenten Wiederholung." Er sagt aber auch, dass es einen Streit zwischen 'Traditionalisten' und 'Rechtwinkelfetischisten' gebe. Ich halte dieses Urteil für zu apodiktisch, obgleich sich Trends in diese Richtung über die Jahre sicher nachzeichnen ließen.
Eins ist etwa sicher: Die TraditonalistInnen sind mit dem Tirolischen in der Architektur des Alpenvorlandes am absteigenden Ast. Eine Zeit lang musste jeder Neubau ausschauen wie das Gasthaus Tirolergarten im Tiergarten Schönbrunn oder das Ferienhaus von Fiona Pacifico Griffini-Grasserin Kitzbühel. Die Zeiten sind vorbei. Der massive Einsatz von Holz, v.a. am Balkon,  massive, mit Schnitzereien verzierte Balken am Dachstuhl sind bei Neubauten kaum mehr zu sehen. Auch Erker und Wetterhähne sind nicht mehr up to date.
Aber versuchen wir das ganze ein wenig systematischer anzugehen.

Was beim Haus von heute megaout ist

Der wackere Häuselbauer von gestern hat noch gerne auf Eternitfassaden gesetzt. Die Wetterseite des Hauses mit Eternit zu verkleiden war mehr als beliebt. Heutzutage ist das megaout.
Mit Wehmut sehe ich auch das Verschwinden des Panoramafensters. Das waren nach außen von der Fassade abgesetzte Fenster (quasi Minierker) ohne störende Sprossen, die einerseites einen großflächigen Ausblick (meist auf die Tujenhecke) bieten konnten und durch einen erhöhten Einfall natürlichen Lichts zu einer angenehmen Raumatmosphäre beitragen sollten. Faktisch waren aber die  Panoramafenster und die breiten Fensterbänke mit einer Landschaft voller Zierpflanzen zugepflastert, so fand dort etwa die heute zu Unrecht in fast in Vergessenheit geratene Senseveria ihre Heimat.
Und wer gestaltet heute den Stiegenaufgang seines Hauses noch mit Glasbausteinen? Was vor zwei Generation noch state of the art war ist de facto bei Neubauten verschwunden.
Auch baut man heute keinen Bungalow mehr. Ein Mordopfer, das bei Derrick auf sich hielt, wohnte in einem Bungalow. Das Dach war in schwarzem Eternit verkleidet und im Vorgarten ein Traum von Buchs. Heute gibt es keine Bungalows mehr, auch weil man die Häuser in weiser Voraussicht so dimensioniert, damit sieben Kinder und drei bis vier Generationen darin leben können. Das geht halt in eingeschossigen Anwesen nicht, auch wenn der Quadratmeter Grund nur 25 Euro kostete. Der Bonner Kanzlerbungalow steht, by the way, seit mehr als 10 Jahren unter Denkmalschutz.
Die Farbe Grün ist im Hausbau nicht mehr das, was es einmal war. Eine Zeit lang, ich würde sagen vor 10 bis 15 Jahren, hat eine BauherrIn, die auf sich hielt, grüne Fenster mit grünen Fensterbrettern geordert. Das lockerte auf, das setzte Akzente. Heute sieht man das nur mehr äußerst selten, Tendenz megaout. Schönbrunnergelb ist als Hausfarbe ebenso nicht mehr in Mode. Und zu den Fenstern: Sprossen scheinen nicht mehr 'in' zu sein. Nicht näher gehe ich auf die Themen Strukturen im Putz und Granitsäulen ein. Ein Wort verlieren möchte ich allerdings über das Verschwinden des Wandgemäldes. Archetypisch: Der heilige Christophorus beim Überschreiten eines Flusses, das Jesukindlein auf der Schulter. Das letzte mal gemalt wohl 1982. Fassen wir also zusammen:

Out

  • Eternitfassade
  • Glasbausteine
  • Panoramafenster
  • Bungalow
  • Grün als Stilelement
  • Fenstersprossen
  • Erker
  • Wetterhähne 
  • Granitsäulen
  • Strukturen im Putz
  • Wandgemälde


Uneinigkeit bei BauherrInnen

Es gibt auch einige Elemente, da sind sich die österreichischen BauherrInnen unsicher, ob man sie im Neubau einsetzen sollte oder nicht. Dazu gehört einmal die Fasche ums Fenster. Eine Fasche ist eine oft nur in Farbe abgesetzter Streifen rund ums Fenster. Klassiker: Gagerl- oder schönbrunngelbes Haus mit weißen Faschen um die Sprossenfenster. Während die Sprosse bereits als megaout geoutet wurden, trennt sich die / der BauherrIn nur ungern von der Fasche, daher gehört sie in die Kategorie  "Uneinigkeit".
Die ersten Etappen war ich mir sicher - das Flachdach ist megaout, allerdings war es dann ab Scheibs wieder vermehr zu sehen. Meine Vermutung: Photovoltaik und Solarthermie sind hier gut unterzubringen, daher ist das Flachdach dann doch nicht am absteigenden Ast.
Ebenso in diese Kategorie gehören Wintergärten, wobei ich rund um das Thema "Passivhaus" zu unbedarft bin um zu wissen, ob der Wintergarten eher gut oder schlecht ist (wohl letzteres). Jedenfalls habe ich neue Wintergärten gesehen.

Uneins sinds!


  • Fasche
  • Flachdach
  • Wintergärten

Was im Neubau 'In' ist

Im Gegensatz zu den oben zitierten Reiners glaube ich nicht daran, daß nur die Architekten Schuld an permanenter Wiederholung sind. Nicht zu gering einschätzen möchte ich die Rolle der Wieselburger Messe (Bau & Energie, die nächste ist Ende September 2013) sowie der Dach- und Anstreichlobby.

Zu den Dächern. Welleternit hat ausgedient, ebenso altbackene Farbgestaltungen. Das Dach von heute (sei es von Bramac, Bogner o.ä.)  glänzt und ist kräftig in der Farbgestaltung. Auch einige zweifarbige Dachschindeln wurden entdeckt, auch schon zweifarbige, die ausschauen wie Schindeln mit Mäsche.

Zur Farbgestaltung: Mutig war man in Österreich, was die Farbgestaltung von Gebäuden betrifft, schon immer. Schönbrunn etwa erstrahlte im 18. Jahrhundert in einem kräftigen Rosa. Gerne erinnere ich mich auch an meinen ersten Besuch in der Südsteiermark, bei dem ich mich an den orangen, blauen, pastellig oder kräftigen Hausfarben derart satt gesehen habe, dass ich im nachhinein Similasan Augentropfen benötigte. Ich sage: Die Zeiten der Farborgien sind vorbei. Die Farben des Jahres sind Grau und Weiß, aber immer verbunden mit farblichen Akzentuierungen aus Orange oder Rot, nicht kräftig, aber doch hervorstechend.


A la  mode
Mit dem Stilmittel Holz wird spärlich umgegangen, höchstens am Carport, am Vordach zum Eingang oder eine Säule am Balkon. die Fenster sind in der Regel grau und, wie gesagt sprossenlos. Vom Wiener Speckgürtel bis Haag, so wird heute vorrangig das Eigenheim angefärbelt. Zuerst dachte ich noch, es könnte mit der Fertighausindustrie zusammenhängen, die solche Farbkombinationen vielleicht bevorzugt anbietet, aber weit gefehlt: Auch bei Renovierungen werden solche Kombinationen nicht selten eingesetzt.

Fazit: Wahrscheinlich müsste ich durch Vorarlberg wandern, um mutige Architektur zu sehen, im Voralpenland tut man das nicht. Ich sollte mehr im ORF Lebens(t)räume ansehen, um eine zweite Meinung einzuholen - oder das Schreiben über Architektur Friedrich Achleitner und seiner "Österreichischen Architektur im 20. Jahrhundert" in vier Bänden überlassen. Vom vierten Band sagt Achleitner, den sollten Jüngere schreiben. Und folgerichtig ist der vierte Band noch nicht erschienen, und der handelte - von Niederösterreich.

Donnerstag, 11. Oktober 2012

Die neunte Etappe: Von Böhlerwerk nach Haag

Böhlerwerk (365 m) - Oismühle - Adersdorf - Biberbach (355 m) - Seitenstetten (349 m) - St. Peter in der Au (350 m) - Weistrach (350 m) - Salaberger Wald - Haag (346 m)


10. 10. 2012. 30 km. 491 m Aufstieg, 496 m Abstieg.

Ich verlasse den Weitwanderweg 4 und folge über weite Strecken dem Mostviertler Rundwanderweg 454, der offensichtlich nicht mehr recht gepflegt wird. Die Strecke, eine der flachsten bisher, ist reich an Einkehrmöglichkeiten und an Sehenswürdigkeiten, letztere werden allesamt links liegen gelassen.

Der letzte Hügel

Ybbs
Nachts, wenn alles schläft, nehme ich den ersten Zug, der Wien verlässt und mich gen Westen bringt; vor vier, muss ich feststellen, ist jedenfalls der Westbahnhof noch nicht geöffnet und vergebens versuche ich, um diese Zeit ein Frühstück zu erwerben. Meine Hoffnung ist, im Abteil noch eine Mütze Schlaf nachzuholen, was mir auch gelingt, fast bis nach Amstetten. Ab da ist der Zug ein Schülerexpress, in dem ich feststellen muss, dass der Schüler von heute nicht mehr abschreibt, sondern die Hausübung mit dem Handy fotografiert.
An meinem Ankunftsort bin ich noch etwas orientierungslos. Ich wende mich entlang der Bahnstrecke zurück nach Oismühle, um von da an meinen letzten Hügel zu erklimmen, denn danach erwartet mich die Haager Platte, und die ist eher flach. Über Adersdorf erreiche ich Biberbach, und in Biberbach hole ich mein Frühstück nach, denn im örtlichen SPAR ist nicht nur die Herbstmode "frisch eingetroffen", sondern auch die Extrawurst.

Der idealtypische Vierkanter 

Nach Biberbach verändert sich die Landschaft. Vorbei ist's mit den Voralpen und den Kuhwiesen, Kukuruz ist angesagt. Stolze Bauernhöfe mit bis zu sechs haushohen Silos sind zu erkennen, und ich halte, nach so vielen Dreiseithöfen, Vierseithöfen und innerösterreichischen Haufenhöfen Ausschau nach meinem ersten Vierkanter. Der idealtypische Vierkanthof hat angeblich eine durchlaufende, ungebrochene First- und Traufenlinie, und es ist gar nicht einfach einen solchen zu entdecken.
Kulturlandschaft

Es geht weiter in Richtung Seitenstetten, und ich bin froh mein Garmin wieder dabei zu haben, denn mit der Beschilderung des Mostviertler Rundwanderweges käme ich nicht weit. Unter anderem hechte ich über einen elektrischen Zaun, ich breche fast durch einen Steg  und bewundere  auch sonst die rudimentäre Ausschilderung, die da und dort auch noch in die falsche Richtung weist.

Gasthausreich

War schon Biberbach gasthausreich, ist es Seitenstetten ebenso: die Busreisenden scheinen hier Wohlstand über die lokale Gastronomie gebracht haben. Ich wage einen Blick in den Stiftshof; das Stift beherbergt gerade eine Jubiläumsausstellung - 900 Jahre Stift Seitenstetten ("der Vierkanter Gottes") und besichtige den Stiftsshop, der teils wie ein dritte Welt Laden anmutet.  Ich gehe weiter nach St. Peter/Au und bemerke, dass nicht jeder Weg, der auf meiner Landkarte eingetragen ist, noch existiert. Wenig später, in Weistrach, schlägt die Kirchturmuhr zwölf Uhr, und ich nehme dies zum Anlass, mein Mittagsmahl einzunehmen.

Besiegelung

Ich entscheide mich für ein Schnitzl (es ist Schnitzlmittwoch in Weistrach) und besiegle so meine Pläne, am selben Tag noch einige Kilometer der nächsten Etappe mitzunehmen. Denn danach schleppe ich mich nur mehr schweren Schrittes in Richtung Haag. Overeaten Man Walking. Kurz vor dem Salaberger Wald blicke ich zurück. Auf meiner Karte ist hier der 'Voralpenblick' eingezeichnet und vor meinem geistigen Auge erscheint das entsprechende Panorama. Jedenfalls läßt das heutige Wetter wieder keine Fernsicht zu, verschont mich aber von Niesel und Regen. Anstatt einer Landschaftsbeschreibung möchte ich auf ein Zitat zurückgreifen und mit Nikita Chruschtschow sagen:

"[Österreich] ist ein märchenhaftes Land. Dort gibt es ausgezeichnete Straßen, sehr schöne Hügel und grüne Wiesen und eine Landschaft, die das Auge liebkost".

Der Salaberger Wald hingegen ist fad. Ich freue mich, endlich herauszukommen und schreite, mich etwas unwohl fühlend, durch einen Privatgarten zur Landesstraße.

Seitenstetten, St. Peter, Weistrach, Haag (mit Hochspannungsmasten)

Bergdorf Haag

Es sind noch etwa drei Kilometer nach Haag, und schon bald sehe ich den Kirchturm. Haag ist zu meiner Überraschung ein Bergdorf. Runter rauf zum Hauptplatz. Ob die Menschen hier, ähnlich gewisser Gegenden im Mühlviertel, alle ein kürzeres Bein haben, um das Gelände auszugleichen, entzieht sich meiner Kenntnis. Die örtlichen Wirte sind ein Muster an interner Abstimmung und haben alle am selben Tag zugesperrt. Daher Kaffee und Kardinalschnitte im Stadt Café. Der Kardinal hatte schon bessere Zeiten gesehen. Weil wir schon beim Thema Kirche sind: Es gibt in Haag den "Elektro Papst", ähnlich wie es seinerzeit bei Wilhering den "Würstl Papst" gegeben hat. Man wird ja blöd im Schädl, nach acht Stunden Wandern, und ich sinniere darüber nach, ob es sich hier um eine sinistre Diversifikationsstrategie des Instituto per le Opere die Religione handelt.
Im Café wende ich mich auch der lokalen Presse (Haager NÖN) zu und wundere mich erst einmal, das St. Valentin in SWAP-Geschäfte verstrickt ist, wundere mich dann nicht mehr, denn Waidhofen ist es auch.  In der NÖN dürften gerade Leopold-Figl-Gedächtnistage ausgerufen worden sein. In der "Lieblingsecke" wird die Lieblingsnichte Figls vorgestellt, die bei der Kukuruzwette dabei war und zu diesem Anlass ein Gedicht aufsagen durfte. An anderer Stelle bleibt nicht unerwähnt, dass Figl 1958 das Volksfest in St. Valentin eröffnete.
Am Nachmittag geht es mit dem Zug wieder Richtung Wien. Schemenhaft sehe ich den Sonntagberg. Wir überholen mehrere Zuckerrübentransporter, ein weiterer Beweis, dass der Herbst mehr als da ist.


Montag, 8. Oktober 2012

Das war's bis dato - ein Überblick. und so geht es weiter.


Ich möge doch eine Übersicht geben, meint P, wo, wie was:

  • Ich bin bis dato 8 Etappen gegangen.
  • Inklusive aller Umwege etc waren es bisher 207 Kilometer und 6589 Höhenmeter.
  • Meine Position jetzt:            N47 59.104 E14 44.998
  • Gewünschte Position, Ziel:   N48 18.418 E14 01.646
  • Distanz: 64,8 km (Luftlinie zum Ziel)
  • Ich bin zu weit unten. 

Wie geht es weiter? Ich plane, mich jetzt vom Weitwanderweg 4 abzuwenden und Zug zum Tor zu bekommen.  Über Seitenstetten geht es jetzt Richtung Haag. Bei Kronstorf überschreite ich die Enns, es geht weiter nach St. Florian und Ansfelden. Bei Haid geht's über die Traun, dann weiter durch Traun Richtung Flughafen. Frahamer Berg und dessen Ausläufer, Eferdinger Landlweg. Eferding. Was noch vor mir liegt sind:

  • 95 km in 3 bis 4 Etappen
  • ca 1.200 Höhenmeter
  • Viel Asphalt
  • Eine Autobahnüberschreitung 


Sonntag, 7. Oktober 2012

Die achte Etappe: Von St. Leonhard nach Böhlerwerk

St. Leonhard am Wald (726 m) - Benetzöd - Sonntagsberg (721 m) - Böhlerwerk (365 m)
2. Oktober 2012. 357 m Aufstieg, 729 m Abstieg. 15 km

Von St. Leonhard gehe ich entlang der Nebenroute 204A vorbei an dem Gut Benezöd Richtung Nordwesten. Ziel ist der Sonntagberg. Von dort steige ich nach Böhlerwerk ab.

An diesem Tag bin ich vom Morgen an etwas ermattet, und ich bin nicht böse, dass die heutige Etappe eine kürzere ist. Auch ist das Wetter eine schlechtere Fortsetzung von jenem am Tag zuvor: Es nieselt, und ich muss meinen mich so kleidenden Regenhut aufsetzen. Der Weg, an und für sich aussichtsreich, glänzt heute nur mit wenig Möglichkeit zur Fernsicht.
Das erste (und letzte) Haus, das ich in St. Leonhard passiere, ist der Pfarrhof. Ein Schild weist auf die "spätbarock anmutige Fassadenzier - um 1740" hin.

Trübe Aussichten

Ich bedaure, dass die Möglichkeiten zur Fernsicht wie oben beschrieben so eingeschränkt ist heute, schließlich befände ich mich auf der Mostviertler Höhenstraße ('Einzigartiger Blick ins Land!'). Ich versuche dennoch, den einen oder anderen Blick per Photo einzufangen (s.u.). nur mit Mühe erkennt man in Richtung Donau die stolzen Türme der Lagerhäuser, die die Landschaft so akzentuieren. Der Blick Richtung Süden, der angeblich an guten Tagen bis ins Sensengebirge reicht, ist nebelverhangen. Im übrigen hat ein wohlmeinender Hofrat der niederösterreichischen Landesregierung entlang der Höhenstraße eine Hochspannungsleitung führen lassen, was das Besondere der Landschaft noch betont.

Trübes, allzu Trübes.
Zwei allgemeine Dinge fallen auf: Auch hier haben Künstler versucht, mit der einen oder anderen Installation die Wertigkeit des Weges weiterzuführen. Am Panoramaweg ist es einerseits ein "Luft- Klang- und Duftgarten" (Höhe Wagenöd), andererseits eine "Rund Um Schau" von Alois Lindenbauer: Scheiben aus "bodennahen, raumgreifenden Elementen," die sich zum Teil bewegen lassen. "Zeichen zwischen Alpen und Donau, bei denen sich Ruhe und Dynamik ganz nahe kommen". Andererseits hat man es hier mit dem Branding ordentlich übertrieben: "Panoramaweg", "Mostviertler Höhenweg", "Bellvue Strecke", "Basilika Strecke", "Lions Weg" und seit neuestem "Mystisches Wandern"; und das alles auf etwa 12 Kilometer. Den Vogel schießt allerdings der "Osterhasenweg" ab, der unterhalb der Basilika beginnt.
Branding, übertrieben
Was mir darüber hinaus gefällt ist ein nachhaltiger Kuhzaun, knapp nach Benezöd. Da hat ein findiger Bauer etwa 100 - 200 alte Skistöcke abgeschnitten und als "Gerüst" für den elektrischen Zaun genutzt. Ich werde fast wehmütig, wenn ich all die vergessenen Logos so sehe.
Auch sehe ich erstmalig Bäuerinnen und Bauern beim sammeln von Obstmost. Ich hatte schon erwähnt, dass ich in das allgemeine Klagen über das Verschwinden von Obstmostbäumen nicht einstimme, dazu habe ich auf dem Weg bisher zu viele davon gesehen. Allerdings habe ich noch kaum jemanden beobachtet, der sich mit dem Pflücken / Klauben von Obstmost beschäftigt. Die Heimatdichtung hat sich im übrigen mit dem Einsammeln von Mostäpfeln und -birnen ebenso auseinandergesetzt. Herbert Pauli, Literat aus Sankt Peter/ Au schreibt:
 
  "Maschinen auf den Feldern
  Maschinen auf dem Hof
  Maschinen im Haus
  Mostobst noch immer Hand geklaubt" 

Pauli hat hier nicht nur recht. In Benezöd verwendet man zum Einsammeln des Mostobstes runde Metallkörbe, auf Gardena-ähnlichen Stangen befestigt. Man rollt die Körbe über die Wiese, und wie von Zauberhand sammelt man so Birnen und Äpfel ein, die dann in die Presse wandern. Nach diesem Gedicht halte ich im übrigen Pauli für überschätzt.  

Es gab schon bessere Zeiten am Sonntagberg

Sonntagberg
Der Sonntagberg hat schon bessere Zeiten gesehen. Die Basilika (eine 'basilica minor') wird zur Zeit vom Bundesdenkmalamt renoviert und ist naturgemäß geschlossen. Auf der Positivseite ist sicherlich der Friedhof zu nennen, einer der höchstgelegenen Bergfriedhöfe Niederösterreichs. Es gibt am Sonntagberg noch zwei Devotionalienhändler, die Kerzen, Sinnsprüche auf Holz, Schneekugeln, Besinnliches und weniger Besinnliches (etwa Flaschenöffner), Engel aus Porzellan oder aus Holz geschnitzt,  Gläser jeder Größe bemalt mit der Basilika und ähnliches feil bieten. Was mir fehlt sind Zuckerstangen. Ein ordentlicher Devotionalienhändler hat meiner Erinnerung nach (ich war doch des öfteren als Kind in Maria Taferl) zumindest Brausestangen. Für brave Knaben gibt es dann noch Traktoren, daneben noch anderes Spielzeug.

Damit der Postbote nicht mehr klingeln braucht
Beim Abstieg vom Sonntagberg über den Wanglsteig wünsche ich mir, unten auf einen 10-Schilling-Shop zu treffen, um dort Crocks-Imitate um 5 € zu erstehen. Mein Wunsch bleibt ungehöhrt.

Im Zug mache ich mir dann Gedanken wie es weitergehen soll. Während die anderen im Abteil spürbar von mir abrücken (es wird dann doch Zeit, sich zu kultivieren) überschlage ich die Optionen: (i) so wie ursprünglich geplant, zur Donau durchschlagen und entlang des Donausteiges nach Eferding? (ii) Weiter entlang des Weitwanderweges 4, bis zur Steyr und dann entlang Steyr und Enns zur Donau? (iii) Oder querfeldein, über Seitenstetten und Haag nach St. Florian und dann weiter, via dem Welser Becken und dem Frahamer Berg zum Zielpunkt? Momentan tendiere ich zur dritten Variante.

Schließlich bin ich dann doch noch dahinter gekommen, worin mein Garmin - Problem begründet liegt. Es ist so trivial, dass ich es nie einem Menschen verraten werde.

Fette Erde des Mostviertels

Am Ziel

Donnerstag, 4. Oktober 2012

Die siebte Etappe: Von Scheibbs nach St. Leonhard

Scheibbs / Neustift (339 m) - Lueggraben - Ort (782 m) - Distelreith (889 m) - Reinsberg (477 m) - Gresten (407 m) - Luftwirt (630 m) - Mitterreith (817 m) - Franzenreith (731 m) - Brandstatt (722 m) - St. Leonhard (726 m)

1. Oktober 2012. 34 km, 1420 km Aufstieg, 1230 m Abstieg

Bei schlechtem Wetter und ebensolcher Sicht folge ich dem Weitwanderweg 4 (hier auch 204) und komme vom Tal der großen Erlauf (Scheibbs) via Reinsberg ins Tal der kleinen Erlauf (Gresten). Von dort aus verirre ich mich über den Proviantweg in Richtung St. Leonhard.

Quatermain II

Am Vorabend falle ich ins Bett in meiner Unterkunft in Neustift und komme nicht mehr dazu, den Fernseher auszuschalten. Rechtzeitig in den frühen Morgenstunden weckt mich Richard Chamberlain in Quatermain II - auf der Suche nach der geheimnisvollen Stadt. Im Halbschlaf bin ich aber davon überzeugt, dass Bud Spencer da den Quatermain darstellt, was das eine oder andere Mißverständnis auslöst. Schon etwas wacher sinne ich darüber nach, ob Spencer und Chamberlain die selbe deutsche Synchronstimme haben (haben sie im übrigen nicht) und warum der böse Hohepriester der geheimnisvollen Stadt dauernd so herumschreien muss; jedenfalls gibt es angenehmere Arten aufzuwachen.
Ich starte um sieben Uhr in Neustift und plaudere vorher beim Frühstück noch mit der Wirtin. Als ich ihr erzähle, dass ich am selben Tag noch St. Leonhard erreichen möchte, meint sie zweifelnden Blickes: "Ja kann man das überhaupt?" Kein Beitrag zum Überwinden meines inneren Schweinehundes, der an diesem Tag besonders hartnäckig ist und mich mit dem Gedanken liebäugeln lässt, statt Richtung Gresten Richtung Bahnhof Scheibbs zu stapfen; und auch Ö Regional trägt nicht zu meiner Stimmung bei, die Regenwahrscheinlichkeit sei über 50%, sagt die Stimme aus dem Radio.

Im Graben

Aber dann biege ich doch in den Lueggraben ein und steige Richtung Gresten hinauf, ein Blick Richtung Himmel beweist: auch Radio NÖ kann sich irren. Der Lueggraben gehört zu jenen Gegenden, und ich passiere im Verlaufe meiner Wanderung nicht wenige solcher Gegenden hier die im Jahr maximal sieben Monate Sonne haben, und das auch nur ein paar Stunden am Tag; die Zeit des Schattens und der Finsternis wird auch im Lueggraben bald hereinbrechen. Kein Wunder also, dass so mancher etwa mit Gartenzwergen u.ä. ein bisschen Abwechslung in den Lueggraben bringt. Der Weg geht stetig bergan, zuerst über Asphalt, dann über Schotter. Wenig später biegt man links steil in den Wald. In der Ferne höre ich Geräusche, die ich zuerst für von einer Motorcross - Trainingsstrecke stammend halte. Aber weit gefehlt, nach etwa einer Stunde sehe ich ein beunruhigendes Schild am Weg: "Achtung Forstarbeiten, Unbefugten ist das Betreten verboten". Na, mehr habe ich nicht gebraucht. Ich frage den örtlichen (freundlichen) Machatschek, ob es einen alternativen Aufstieg gebe. Der meint: "Zruck, viri, den Steig aufi, links, rechts, über die Wiesn, am Hof vorbei, bei de Küh' links auf de Asphaltstraße und dort gibt's a Schüd'". Ich sehe meine Felle davon schwimmen, vor allem nach meinen gestrigen Erfahrungen, aber nein, mit wenig Mühe finde ich den Weg. Der Hof, Ort, scheint ein Musterhof zu sein und etwa 500 Meter weiter, am Waldesrand, gibt (genauer: gebe) es einen wunderschönen Aussichtspunkt auf den Ötscher. Allerdings nicht heute, den mittlerweile ist Fernsicht ein Fremdwort, Nebelschwaden ziehen vorbei.

Von der großen Erlauf den Lueggraben hinauf


Die feine Nase der Lousie Martini

Ich bin diesen Weg zum Teil schon einmal entlang gegangen, vor vier, fünf Jahren. Es ist überraschend, woran man sich noch erinnern kann, an ein paar markante Punkte (den Ötscherblick zum Beispiel), allerdings an wenig, was mir zur Orientierung helfen würde. Aber das Hörbuch, dass ich seinerzeit beim Wandern am iPod hörte, an das kann ich mich erinnern: Heinrich Steinfest: 'Die feine Nase der Lilli Steinbeck'. Und an ein eher maues Porträt von Louise Martini. (Diesmal ist der iPod eingemottet).


Windkraft / Metallpaneele / Kleinkläranlagen / Milchwirtschaft

Zwischen Scheibbs und Gresten fallen zwei Elemente auf. Interessanterweise nie vor Scheibbs, nie nach Gresten. Einerseits sind das Windkrafträder für den Hausgebrauch, andererseits braune Metallpaneele zur Verkleidung von landwirtschaftlichen Nutzgebäuden. Für beides dürfte es in dieser Region erstklassige VertreterInnen geben. Daneben ist auch noch die Kleinkläranlage en vogue. Interessanterweise scheinen mich alle drei Dinge zu beschäftigen, in Bild habe ich kein einziges festgehalten. Windräder kennt man zur Genüge, die hier sind halt im Miniaturformat - und interessanterweise recht leise. zu den Metallpaneelen: Wo ist denn der hölzerne Schuppen geblieben? Der mutige Einsatz von Sichtbeton in der Landwirtschaft? Nichts, nur die immergleichen gagerlbraunen Metallpaneele. Und dass ich die Kleinkläranlagen nicht fotografiert habe liegt auch daran, dass ich sie nirgends identifizieren konnte. Im übrigen glaube ich, dass hier - wie auf dem ganzen bisherigen Weg - die Senkgrube noch fröhliche Urständ' feiert.

Verdienstorden / Kühe

Spuren landwirtschaftlicher Nutzung: Die Adelwiese
Ein weiterer Aspekt der mich verwirrt ist der Vertrieb der hiesigen Milch. Während über weite Strecken meiner Wanderung die NÖM Abnehmer der Milchproduktion war (ersichtlich an Schildern an den Bauernhöfen), tauchen hier andere Vertriebswege auf: Schilder der 'Schärdinger', der 'Pinzgau Milch', der 'Tirol Milch', der 'Gmundner Milch', der 'fairen Milch' etc. Jetzt weiß ich, dass die "Schärdinger Milch' mit Schärding und Oberösterreich nur mehr wenig am Hut und etwa in Aschbach einen Standort hat, aber die Pinzgau Milch in Maishofen und in den Hohe Tauern? Warum lassen die hier produzieren? Aber wie Frank Stronach schon sagt: Wer nie mehr als 100 Arbeiter bezahlt hat, versteht nix von Wirtschaft. Und ich versteh so sicherlich nix von Milchwirtschaft. Was im übrigen völlig verschwunden ist ist die Millibitschn / der Milcheimer bzw. die Milchkanne. Vereinzelt sieht man noch neben der Straße Holzkonstruktionen, auf denen die Millibitschn früher gelagert wurden bis sie der Tankwagen der örtlichen Molkerei abholte, Millibitschn selbst sieht man gar keine mehr.


Hollywood in Reinsberg

Reinsberg
Nach steilem Abstieg über eine von Kühen bevölkerten Wiese, die ich freundlich grüße, erreiche ich Reinsberg. Über Reinsberg thront die Burgarena Reinsberg, die Hollywood-gleich beschriften ist (eben als Reinsberg, nicht als Hollywood). Die Nahversorgung garantiert "Unser Geschäft in Reinsberg". Hier gibt's auch Kaffee ("Des is mei Extra!"). Ich nehme also im örtlichen Adeg ein frühes Mittagsmahl ein und begebe mich dann über Asphaltwege in Richtung Gresten, nicht ohne mich zu wundern, dass es hier neben der Arena auch einen "ferrro ARTE-Weg, einen Mautwanderweg und eine  Stilberaterin ('Frisur-, Farb- und andere Stile') gibt. 


Gresten

Gegen Mittag erreiche ich Gresten, eine eigenartige Stadt. Wenn Wilhelmsburg Elemente einer Industrieruine hatte, dann hat Gresten solche einer Tourismusruine, denn als Tourismusstadt dürfte Gresten schon bessere Zeiten gesehen haben. Zum Beispiel 1924, da wurde hier von der Stadt Wien ein Umspannwerk errichtet.
Man sieht, Gresten verwirrt mich und darob begehe ich hier auch den einzigen folgenschweren Patzer des Tages: anstatt weiter dem Weitwanderweg 4 zu folgen gehe ich über den sogenannten Proviantweg hinauf Richtung Grestner Höhe. Das wäre nicht so schlimm, denn beide Wege vereinigen sich wieder; doch dazwischen liegt eine tief eingeschnittene Senke, und das heisst für mich; runter, rauf, Fleißaufgabe.
Zum Proviantweg: Gresten liegt offensichtlich im ehemaligen Versorgungsgebiet des Erzbergers und war verpflichtet, dorthin Getreide zu liefern. im Gegenzug gab's minderwertiges 'Provianteisen' zur Produktion von Hufeisen oder Nägel. (Was man nicht alles auf Schautafeln lesen kann). Ein Teil dieses Proviantweges führt entlang einer Bundesstraße, und die Kraftfahrer zeigen mir, dass sie diese mit dem Fahrtechnikzentrum des ÖAMTC verwechseln und gerne ausprobieren, was ihr Audi/ Opel etc. in der Kurve so hergibt. Froh verlasse ich die Bundesstraße wieder und liege gleich wieder falsch. Statt nördlich weiter zu gehen gelange ich zum Hof der Familie Straßbauer (670 m). Ich irre so lange vor dem Küchenfenster der Straßbäurin umher, bis diese ihre Küche verläßt und mir mitleidig wieder den wahren Weg weist.  Ich bin dann doch froh, wieder auf dem 'Vierer' angekommen zu sein. Vom deckungsgleichen 'Mostviertler Panorama Höhenweg' habe ich an diesem Tag herzlich wenig, es hatte schon um neun Uhr zugezogen.

Fiaker und Taxifahrer

St. Leonhard ist der Pilgerort der Wiener Fiaker und Taxifahrer. Nicht umsonst ist der heilige Leonhard der Schutzpatron der Pferde (aber auch Kettenpatron, Schutzpatron der Gefangenen). Früher, wenn man auf Wahlfahrten die drei wichtigsten einschlägigen Orte der Gegend, Maria Taferl, Sonntagberg und Mariazell besuchte, hat man St. Leonhard gerne noch 'mitgenommen'. Die Kirche und die kleine Ortschaft ist von weitem schon zu erkennen und das läßt den Schritt nochmals beschleunigen. Größtes Gebäude ist im übrigen nicht die Kirche, sondern ein vierstöckiger Kuhstall.
St. Leonhard

 Angekommen betrachte ich die ersten Kollateralschäden: Eine blutige Zehe und eine eingebildete Blase. Jedenfalls: 34 km sind zum Schluß nicht mehr lustig: es wird dämmrig, man hat eine Zeit mit der Zimmerwirtin ausgemacht, die man halten möchte, man hat Hunger und Durst. Schlicht: Die Freude am gehen geht am Ende des Tages verloren. Wettgemacht wird dies von meiner Unterkunft, dem Gasthaus Ettl, einem Hort der Mostviertler Gastlichkeit. Ich nächtige im 'Pilgerzimmer' und freue mich diebisch, dass es so genannt wird.

Dienstag, 2. Oktober 2012

Etappe 6: Tag des Asphalts. Von Texing nach Scheibbs


[Mank (295m) Kirnberg/Mank (341m)] – Texing (364m) – St. Gotthard (462m) – Höllenstein (480 m) – Plankenstein (674m) – Hebenstreit (469m) – St. Georgen an der Leys (377m) – Steinhaus (399m) – Scheibbs (339m) – Neustift bei Scheibbs

29./ 30. September 2012; 34 km (mit Umwege, ohne Autofahrten), 39 km inkl. Autofahrten. 1014 m Aufstieg, 1130 m Abstieg.

An jenem Tag, an dem Erwin Pröll den öffentlichen Nahverkehr über Niederösterreich verteilte, vergaß er auf Texing. Am Wochenende gibt es keinen Bus, der dorthin führt, und auch an Werktagen ist man sehr auf SchülerInnen fixiert. Ich verlasse samstags  S’s Geburtstagsfeier am Donaukanal früher, um rechtzeitig in St. Pölten einzutreffen. Von dort führt abends ein Bus nach Mank. Mank liegt etwa 10 km südlich von Texing, und der Weg Texing- Mank wird am Sonntag eine Fleißaufgabe für mich sein. P und M unken noch, dass ich wohl der einzige Fahrgast sein werde, aber weit gefehlt! Mit mir fahren fünf Personen nach Mank, vier davon haben einen Schülerausweis, einer eine Herrenhandtasche.

Das Zimmer über dem Schlachthof

Eingang, Pension Schönbichler
Mank hat einen Engelbert Dollfuß-Platz und der weltgrößte Erzeuger von Aloe Vera hat sich dort angesiedelt.  Die Mühen der Anreise nach Mank werden aber vom Charme meiner Unterkunft mehr als wettgemacht. Ich nächtige über dem Schlachthof Schönbichler. (Nur um es von Anfang an klar zu stellen, das Zimmer war wunderbar, da gibt es keine Kritik!) Der Eingang ist eine jene silbernen Türen, von denen man meint, dass dahinter ausschließlich Schweinehälften verschwinden. Einmal aufgesperrt, durchschreitet man die Kühlflächen, und der süßliche Geruch von Blut und frischem Fleisch steigt in die Nase. Im Zimmer bildet man sich ein, dass dieser Geruch umweht Bett und Dusche immer noch, aber das wird wohl bloße Einbildung sein. Im übrigen hat der Schlachthof Schönbichler eine der schönsten und gepflegtesten Fleischbänke die ich kenne.  Ein böser Gedanke durchzuckt mich – sollte man je seine vegetarisch angehauchte Freundin durch die Blume mitteilen wollen, dass die Beziehung nicht so läuft wie sie sollte – ein Urlaub im Gasthof Schönbichler wäre eine geschmackvolle Art, dies ihr näherzubringen.

Der Beginn des Unglücks


Zaun, schon länger da.
Am nächsten Tag verlasse ich Mank in Richtung Texing. Die erste Stunde gehe ich entlang der Landstraße, und in Richtung Texing fahren in dieser Zeit gerade einmal zwei Automobile. Auf halben Weg, in Kirnberg (Baugrund 24 € der Quadratmeter) weist mich die ansässige Wirtin darauf hin, dass es töricht wäre entlang der Straße zu gehen, wenn doch pararell dazu der Römerweg verläuft. Ich verlasse also die Landstraße und komme über Feld- und kleinere Gehwege nach Texing. Hier, nach 11 km, gibt es mit einer Frankfurter angereicherten Gulaschsuppe. Die Wirtin kann sich meiner erinnern („Ah, sans schon wieder in Texing!?) und ich gehe weiter über die Kirchenhad‘ (Kirchenhaid‘?) hinauf nach St. Gotthard. Und hier beginnt mein Unglück. Ich denke mir – es wäre doch g'scheid über den Schneckensteig rauf in Richtung Grüntalkogel Hütte (886m)  zu gehen. Nach einem Viertel des Weges entscheide ich mich, sagen wir, auf Grund der Bodenverhältnisse, umzukehren und am Fuße des Berges, anstatt quasi am Grad, in Richtung Plankenstein zu gehen.

Route 1

St. Gotthard
Der von mir gewählte Weg ist als „Route 1“ benannt. Wer bennent so etwas so sinnentlehrt? Kann da nicht „Plankenstein, flacher Weg“ stehen? Jedenfalls biege ich gefühlte sechsmal in Richtung Berg ab um später
 festzustellen, dass der Weg eigentlich gegen Westen weitergegangen wäre. Route 1 selbst ist nett. Unter anderem quere ich einen offenbar verwaisten Hof, der aber vom Bauer großflächig mit NÖ Regional beschallt wird. Es verwirrt, Stimmen zu hören, und keine Menschen sind da.

Forellen versus Burg

Burg Plankenstein
Jedenfalls verstreicht die Zeit, und die Kilometer purzeln. In der Ferne höre ich einen Esel schreien, ich glaube, er schreit mir. An einer Weggabelung ist einerseits der Forellenhof angezeigt, andererseits die Burg Plankenstein („Märchenschloß Burg Plankenstein“). Ich möchte nach Plankenstein, aber die Weggabelung ist nicht zweifelsfrei beschildert. Und wie sagte schon mein Latein-Professor Schwarzbauer: „Wenn man zwei Möglichkeiten hat, entscheidet man sich immer für die falsche.“ Jedenfalls lande ich weit unter Plankenstein, an der Landstraße. Ich wandere entlang der Landstraße elendslang hinauf nach Plankenstein. Plankenstein besteht aus einer (kleinen) Burg, Kirche, 2-3 Häuser und einem Friedhof. Obwohl bei mir ja der Weg das Ziel ist werfe ich einen Blick in die Burg. Sie besteht offenbar nur aus der Taverne und ich trolle mich wieder.

256, 277, 652 und wo ist 4?

Ich möchte an dieser Stelle kurz aus dem Buch „Österreichischer Weitwanderweg 04 (Voralpiner Weitwanderweg)“ des OEAV zitieren. „ Der Weg[…] führt den Friedhof entlang und die Wiese hinauf in den Wald [OK, Anmerkung des Autors] auf einen asphaltierten Güterweg“. Ja verdammt, wo ist denn dieser Güterweg? Ich gehe rechts, ich gehe links. Weg 277 endet auf einem kleinen Platz, auf dem offensichtlich kurz vorher Holz geschnitten worden war. Rund herum Gstettn. Weg 256 endet markierungslos im Wald. In der anderen Richtung ist zwar Asphalt, es handelt sich aber um die Landesstraße. Ich irre eine gute viertel Stunde herum und verliere dabei meine Landkarte. Es ist nach 14 Uhr, und es sind noch mehr als 13 km nach Scheibbs. Ich verliere ein bisschen die Nerven und gehe in Richtung Straße zurück, um mich über Landes- und Bundesstraße nach Scheibbs durchzuschlagen. Ich sollte noch erwähnen, dass ich ohne Garmin (mein Navi) unterwegs bin, weil ich es für kaputt halte. Darüber später mehr.

Volvoauto

Um nicht denselben öden Weg, den ich soeben aufgestiegen war, wieder runtergehen zu müssen, beginne ich zu stoppen. Ich mache mir wenig Hoffnung. Ich bin nicht die örtliche Dirndlkönigin, und ich sehe auch nicht besonders sauber aus. Aber gleich das erste Auto, ein grüner Volvo (Volvoauto, würde G sagen) hält und bringt mich hinunter. Ich nehme meine Beine in die Hand und gehe via St. Georgen an der Leys zur zur Abzweigung in Richtung Scheibbs. Jetzt sind es schon über 30 km, und ich beginne zu ermatten.
Ein Tag des Asphalts
Ich beginne mir gedanken über ‚Asphalt‘ zu machen, man wird es nicht glauben. Vor kurzem habe ich gelesen, dass man Hochofenschlacke der Asphaltmasse zusetzt und das gesundheitsgefährdende Auswirkungen hätte. Schnell auf die To Do Liste: „Asphalt für Dummies“ lesen. Oder so.  Das Volvoauto war ein Glücksfall. Ich beginne wieder zu stoppen, aber keiner der KraftfahrerInnen will mich mitnehmen, Dafür sehe ich eine Harley Davidson Ausfahrt, eine Trike Ausfahrt, eine Fiat 500 Ausfahrt. Auch was. An einem länglichen Anstieg blicke ich zurück und ein Smart kommt auf mich zu. Ich denke schon, dass ich in diesen Fall auf einen gestreckten Daumen verzichten kann, tue es dann doch nicht und prompt bleibt der Smart Fahrer (ich danke ihm von Herzen!) stehen. Er bringt mich die letzten 4 km nach Scheibbs, ich hätte es kaum noch geschafft.


Scheibbs

Scheibbs ist eine schmucke Stadt. Hier und da sieht man Ermüdungserscheinungen. Sowohl der Trommelshop als auch ‚Tom Tailor‘ haben ihre Geschäfte aufgegeben. Josef Gruber‘s Gasthof und Fleischerei ist mittlerweile die Trattoria Gli Amici, dafür kommt die Goldblunzn aus dem Hause Lechner („Jeder Wiffzack kauft im Blunznsemmerl“). Die Schützengemeinschaft Scheibbs hat im übrigen bei den letzen Weltmeisterschaften im Vorderladerschießen ordentlich abgeräumt. Meine Unterkunft ist am anderen Ende der Stadt in Neustift, entlang des Flusses noch einmal zwei Kilometer.  Endlich eine Unterkunft mit Klo und Dusche am Gang! Ich wohne im ehemaligen Kinderzimmer des Sohn des Hauses und genieße nicht nur die kühle Frische (eingeheizt wird frühestens Allerseelen), sondern auch ein wunderbares Schnitzl. Dabei lausche ich den Gesprächen am Stammtisch, an dem Urlaubseindrücke ausgetauscht werden ("Fatima ist wie Mariazell, nur größer"). Mein Schlaf ist ein ausgezeichneter.

Unterkunft in Scheibbs, liebevolles Detail